Tja, wie sagt man so schön: Sag niemals nie. Hätte man mich vor drei Jahren in Australien gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, nach Deutschland zurückzugehen, hätte ich demjenigen frech ins Gesicht gelacht. Oder genau genommen, ich habe ihm ins Gesicht gelacht. Mehrfach. Denn die Frage kam oft, besonders von unseren Au-pairs aus Deutschland.
Damals hätte ich auch überhaupt keine Veranlassung dazu gesehen, mit der Familie zurück nach Deutschland zu ziehen. Zu gut waren mir da die eisigen Berliner Winter noch in Erinnerung. Die grimmigen Gesichter der Leute, die Bürokratie, die Engstirnigkeit.
Uns ging es gut in Australien. Wir hatten zwei gesunde Kinder, die zwei Sprachen sprechen konnten, ein Haus mit Pool und Palmen im Garten, einen gut bezahlenden Job. Was wünscht man sich denn mehr im Leben?
Inhalt
Eine Gedankenkette, die sich nicht stoppen ließ
Doch dann begann eine Entwicklung, die wir wirklich nicht vorhersehen konnten. Es begann mit dem Wohnungsmarkt in Sydney, der es einfach zu verlockend machte, nicht länger an unserem klapprigen alten Haus voller Asbest festzuhalten. Wir verkauften unser Heim in der Hoffnung auf eine neue, bessere Bleibe. Doch wir wurden leider nicht fündig.
Und das setzte bei uns eine Gedankenkette in Gang, die man ganz einfach nicht mehr aufhalten konnte. Nach sechs Jahren Dasein als Hauseigentümer mit Hypothek waren wir frei. Wir hatten sogar Geld auf der hohen Kante. Doch der Immobilienmarkt in Sydney erlaubte es uns nicht, uns wieder in den Markt einzukaufen.
Bei einem Trip nach Griechenland erfuhren wir, wie günstig es war, auf Kreta ein Haus zu erwerben. Das ließ uns träumen. Von Olivenbäumen und dem glitzernden Mittelmeer, authentischem Essen und kleinen Dörfern. Ein Gedanke, der uns nicht mehr losließ.
Ein Umzug einmal um die ganze Welt
Am Ende beschlossen wir, mit den Kindern nicht nach Griechenland, sondern nach Spanien auszuwandern. Ein großer logistischer Schritt, einmal um die ganze Welt. Auch für die Kinder eine große Herausforderung, vor allem die Sprache. Wir fanden ein Heim, eine Schule, ein Auto, eine Krankenversicherung, einen Steuerberater, bevorzugte Supermärkte und Restaurants und vieles mehr. Sowas ist ein langer, anstrengender Prozess.
Es kam ein langer heißer Sommer voller durchschwitzter Nächte und stechender Mücken. Tage, an denen man noch nicht einmal mehr den Finger heben konnte, geschweige denn am Computer sitzen und schreiben.
Auf den heißen Sommer folgte ein kalter Winter. Ein Winter, wie wir in eigentlich auch schon aus Australien kannten. Feucht und kalt, mit Nächten im einstelligen Bereich. Alles schön und gut, wenn man denn ein entsprechend isoliertes Haus hätte oder eine Zentralheizung. Aber genauso wie in Sydney, gibt es das auch hier an der Costa del Sol nicht. Und so bibberten wir uns durch unseren ersten andalusischen Winter. Das Foto über dem Beitrag entstand übrigens letztes Wochenende in El Torcal nördlich von Malaga bei ganzen 4 Grad, und das im April.
Eine Zeit des Soul-Searching und Hinterfragens
Hinzu kam die Isolation. Nicht die Sprache zu sprechen, ist ein unvorteilhafter Umstand. Auch wenn alle um einen herum nett sind, man braucht halt auch Freundschaften und Leute, mit denen man mal lachen kann. Doch wir fanden keinen Anschluss. Besonders die Expat-Community tickt hier an der Costa del Sol sehr anders. Es sind doch größtenteils ältere Herrschaften, die hier ihren Lebensabend verbringen möchten.
Es begann eine Zeit des schmerzhaften Soul-Searchings. Besonders unser Trip nach Berlin zu Weihnachten und Silvester ließ uns ins Grübeln kommen. Alles schien dort so viel einfacher wegen der Sprache. Vertrauter aus der Studienzeit. Aufregender dank der vielen innovativen Geschäfte, leckeren internationalen Restaurants, prachtvollen Bauten der Großstadt. Es war, als wären wir vor 15 Jahren niemals fortgegangen.
Doch jetzt, nach all der Zeit, nach all der Investitition in das Abenteuer Spanien wieder nach Deutschland zurückzukehren, schien uns falsch. Wie ein Versagen. Ein Aufgeben. Wie das Eingeständnis eines großen Fehlers.
Wir fragten uns: War das ein Aufgeben oder ein konsequenter Schritt?
Und überhaupt: Was würden die Kinder dazu sagen? Sie haben sich in der neuen Schule so viel Mühe gegeben, hatten eine neue Sprache versucht zu lernen. Hatten ein schönes Kinderzimmer in einem großen Haus. Wir konnten sie doch unmöglich noch einmal entwurzeln.
Tja, und dann halt Deutschland. Hatten wir nicht gesagt, wir gehen nie wieder dorthin zurück? Uns graute vor der Bürokratie dort. Die Wiedereingliederung ins Sozial-, Kranken- und Rentensystem. Noch eine Steuererklärung für zwei Länder auszufüllen. Wieder eine Schule suchen, Wohnung suchen, Freunde suchen.
Doch wie das halt manchmal im Leben so ist. Manchmal muss man sich eingestehen, dass manche Dinge eben nicht so klappen, wie man sich das vorgestellt hat. Dann muss man erkennen, dass man Korrekturen vornehmen muss und eine neue Richtung einschlagen muss. War Spanien ein Fehler? Nein, ganz sicher nicht. Ich sehe es so wie meine Freundin, die zu mir sagte, ich musste mich wohl erstmal an Europa wieder gewöhnen.
Das Fazit aus ein Jahr Spanien
Ein Jahr Spanien, das ist nicht schlecht. Das war eine echte Erfahrung, für uns und für die Kinder. Und keine schlechte dazu. Aber wir merken nun, dass wir für die Zukunft doch nicht so vorbereitet sind, wie wir uns das vorgestellt haben. Und deshalb müssen wir weiterziehen.
Australien erscheint uns nun unglaublich weit weg. Der Wohnungsmarkt hat sich nicht erholt, und wir sehen keine Veranlassung dorthin in nächster Zeit zurückzukehren. Wir wollen lieber nach Berlin. Denn Berlin ist in uns. Berlin sind wir.
Dieser Sommer wird also noch einmal spannend für uns. Wir müssen noch einmal Kisten packen und eine Wohnung suchen – diesmal in einem engen Markt, der sicherlich nicht auf noch eine vierköpfige Familie wie unsere gewartet hat. Wir müssen die Kinder schon wieder an einer Schule anmelden und die neuen Regeln dort lernen. Doch wir erhoffen uns viel davon.
Der Blick nach vorn: Berlin, wir kommen
Wir erhoffen uns Sicherheit und Geborgenheit. Vertrautheit und Familiarität. Abwechslung, Unterhaltung und neue und alte Freunde. Wir wollen die Kinder auf die Zukunft vorbereiten. Ihnen den Weg für die Uni ebnen und ihnen soviele Türen wie möglich aufstemmen.
Wir wollen da sein für die Familie, die leider nicht jünger wird. Wollen uns für einige Jahre ganz einfach mal zurücklehnen und das Nomadendasein beenden. Tatsächlich mal Bilder an die Wand hängen, Schränke füllen, Klüngel ansammeln.
Niemals hätte ich gedacht, dass ich wieder nach Berlin ziehen würde. Ich dachte, mein Leben liefe in geordneten Bahnen und dass Deutschland nur eine ferne Erinnerung sein würde, von denen ich mal meinen Enkeln erzählen würde.
Doch jetzt ist alles anders gekommen. Und das ist auch gut so. Wir freuen uns auf diesen nächsten großen Schritt und darauf, endlich zu Hause anzukommen.
11 Kommentare
Echt mutig von euch, wieder nach Berlin zurückzukehren.
Und besonders viel Glück bei der Wohnungssuche. Ich bin letztes Jahr selber nach Berlin gezogen und das mit der Wohnung war echt nicht einfach.
Euch viel Erfolg bei eurem mutigen Schritt!
Hoffentlich werdet ihr diesmal zufriedener.
LG Lara
Vielen Dank, liebe Lara. Es wird sicherlich kein Zuckerschlecken, aber ich bin mir sicher, auch das kriegen wir irgendwie hin. Und ja, Zufriedenheit wäre schön! Viel Glück auch für dich in Berlin.
Oh wie gut ich die Gedanken verstehe, ich glaube wirklich nachvollziehen kann es nur wenn man selbst ausgewandert ist. Wir sagen auch das wir auf keinen Fall unser Renten dasein hier im Norden bleiben, also irgendwann geht es bei uns auch weiter , ob zurück keine Ahnung, das lassen wir auf uns zu kommen, zur Zeit passt es hier, aber gerade unsere Berlinbesuche lassen mich auch immer fragen:Häh was mach ich hier in der norwegischen Provinz. Unsere Kinder zieht es auch in die Welt bzw. die zweitälteste ist auch wieder in Deutschland mit 16jahre und mach da ein FSJ und wird auch die Ausbildung in Deutschland machen. Norwegen ist ihr zu eng hat sie mal gesagt.
Viel Glück euch auf eurem neuen Lebensabschnitt.
Lg aus Norwegen
Ina
http://www.mitkindimrucksack.de
Vielen Dank, liebe Ina. Ja, es sind schon besondere Verhältnisse. Ist ja auch nicht alles schlecht, und wir sind sicher nicht ganz unschuldig, aber wir müssen halt auch immer für die Zukunft planen, und die ist in D besser als in ES. Den Lebensabend würde ich momentan gern im tropischen Queensland verbringen, aber erst, wenn mich wirklich nicht mehr die Flöhe Jucken.
Wow, mutige Entscheidung! Ihr habt, glaube ich, einen der heißesten Sommer und einen der kältesten Winter der spanischen Geschichte erwischt. Ich kann mich an keinen Winter wie diesen erinnern. Viel Glück bei der Wohnungssuche. Das ist eine der Gründe, warum wir aus Deutschland wegziehen wollen. Ich habe keine Lust mehr auf 80qm zu viert, brauche mehr Platz, zumal ich von zu Hause arbeite und momentan die Küche mein Arbeitsplatz ist 😉 Und eine größere Wohnung, da wo wir leben, können/wollen wir nicht zahlen. Aber Berlin ist mit Sicherheit keine schlechte Wahl für eine neue/alte Heimat. Und es gibt Kindergeld 😉 Nur die Krankenkasse-Beiträge für Selbständige, die haben es in sich, da kann man sich davon ein Häuschen in Málaga mieten. Dafür ist die wirtschaftliche Lage weitaus stabiler als die spanische. Wie auch immer, ich freue mich auf weitere, inspirierende Blog-Einträge von eurem Abenteuer. ¡Suerte!
Kein Ort ist natürlich perfekt. Mir wird die Sonne fehlen, soviel steht fest. Aber unser großes Haus nutzen wir zum Beispiel gar nicht richtig. Wir kommen mit viel weniger Platz aus. 80qm ist aber schon ziemlich klein. Da hoffen wir auf eine etwas größere Wohnung. Bloggen werden wir natürlich auch weiterhin 🙂 Alles Gute auch für euer Vorhaben!
Oh Mann, was für Neuigkeiten! So schade ich es finde, dass ihr Malaga verlassen wollt, so sehr freue ich mich, dass wir uns dann bald mal in Berlin treffen können ? Wobei ich meinen Vorgängern Recht geben muss, was die Wohnungssuche angeht… ?
LG Jenny
Hallo Jenny, Ja, was die Wohnungssuche angeht, haben wir bereits einen leichten Vorgeschmack bekommen. Es wird auf jeden Fall spannend, hüstel!
Eure Story ist interessant habt nun halt Lebenserfahrungen.Ich komme auch aus Berlin und lebe seit 20 Jahren in Brasilien, nun will ich mit der Familie zurueck nach Europa, sprich Spanien.Sprachlich sind wir fit meine Frau spricht perfekt spanisch ich und die Kids portugiesisch das wird schon.Sorry aber Berlin geht garnicht mehr, unverschaemt teuer und ein anderes Berlin wie ich es verlassen habe.Was mir von alten Freunden immer bestaetigt wird.Die Stadt ist nicht nur auesserlich herunter gekommen.Ich denke fuer eine 4 Zimmerwohnung werdet ihr ca. 4 K einplahnen muessen.Dazu Massenbesichtigungen mit arroganten Maklern fuer eine Mietwohnung.Ich finde in Deutschland gibts bessere, kinderfreundlichere und guenstigere Ecken als Berlin mit mehr Freizeitwert.Wuensche euch jedoch alles gute, denke aber ihr habt in Spanien zu schnell kapituliert.
Hallo Paul, Danke für deinen Kommentar. Dass deine Frau Spanisch spricht, ist natürlich ein entscheidener Vorteil. Sprache ist alles. Wir tun es eben nicht so gut, was unser Leben hier nicht gerade vereinfacht. Interessanterweise höre ich von Altberlinern immer wieder, wie sehr zum Schlechten sich alles gewandelt hat in Berlin. Hinzugezogene äußern sich hingegen überwiegend positiv. Da wir selbst Hinzugezogene sein werden und mit ähnlichen Voraussetzungen, Erwartungen und Umständen nach Berlin gehen werden, denke ich, dass die Stadt uns schon einiges zu bieten haben wird. Die Mietpreise sind enorm gestiegen, das ist wahr. Aber es ist tatsächlich unwesentlich mehr als das, was wir derzeit in Spanien zahlen. Man kriegt dann halt was anderes. Kein Pool und keine -zig Quadratmeter. Massenbesichtigungen hatten wir übrigens nicht, sondern individuelle Terminvergabe nach Einreichung einer Bewerbungsmappe. Das war ungewohnt, machte den Prozess aber für alle Seiten weitaus einfacher. Und es hat ja letztlich auch geklappt. Arrogant war dabei niemand. Insgesamt glaube ich nicht, dass wir zu schnell „kapituliert“ haben. Ist ja auch kein Krieg mit Spanien. Wir hatten eine interessante, schöne und positive Zeit. Aber es ist nicht unsere erste Auswanderung und ich glaube, dass wir schon ganz gut einschätzen können, wenn etwas nicht so klappt wie wir uns das denken. Letztlich ist das Leben viel zu kurz, um auf bessere Zeiten zu warten, die vielleicht niemals kommen werden. Wir hatten viele Gründe und viele Abwägungen für unsere Entscheidung und ich denke, sie ist reiflich überlegt. Jeder Lebensweg ist halt total individuell und ich finde, von außen kann man das manchmal echt schwer beurteilen. Ich wünsche euch auf jeden Fall alles nur erdenklich Gute. Spanien ist ein schönes Land mit – unserer Erfahrung nach – durchweg warmen und freundlichen Leuten. Werden wir die Sonne vermissen? Auf jeden Fall. Doch es gibt auch noch anderes, was uns wichtig ist. Deshalb freuen wir uns zusammen mit den Kindern auf den nächsten Schritt auf unserer Reise.
Vielen Dank fuer deinen Komentar,was mir das einleben in die brasilianische Gesellschaft erleichtert hat war eine „Einheimische“ zu heiraten, das oeffnet Tueren.Viele Feste mit und um die Familie, man ist schnell integriert,auch habe ich Geschaefte mit einheimischen Angestelten betrieben.Die Kids haben mehr Kontakte als es einem lieb ist.Aber es ist die Zeit gekommen mehr an europaeische Sicherheit zu denken.Zu Berlin ihr werdet es schon packen ich als alter Charlottenburger wuerde mich in diesem Moloch auf Dauer nicht mehr einleben.Berlin ist in Mode gerade bei juengeren.Viel Erfolg und alles gute fuer eure Familie,werde eure Blogs weiter verfolgen.