Bei unserer letzten Reise nach Deutschland besuchten wir auch die hessische Stadt Marburg für einen Tag. Neben dem Marburger Schloss erkundeten wir auch die reizende Innenstadt mit ihren vielen Fachwerkhäusern und dem historischen Rathaus. Dabei erfuhren wir nicht nur im Schlossmuseum von der Großen Barb, wir wurden vom jungen Vibe der Stadt regelrecht verzaubert. Hiervon wollen wir euch in unserem Reisebericht erzählen.
Von Marburg hatte ich natürlich schon früher gehört, spätestens als es darum ging, nach dem Abi eine passende Uni zu finden. Wer was auf sich hielt und es sich leisten konnte, der zog nach der Schule ins ferne Marburg, um an der hiesigen Uni zu studieren. Eine traditionsreiche Stadt, die auf eine lange akademische Geschichte zurückblickt, und doch ein Ort, wo der stetige Zustrom junger Studierender den altehrwürdigen Gassen neues Leben einhaucht.
Gern wäre auch ich zum Studieren nach Marburg gegangen. Doch dazu reichte leider die Portokasse nicht. Stattdessen ging ich an die Ruhr-Uni in Bochum, was sich glücklicherweise auch als keine schlechte Wahl herausstellte. Nun, zwanzig Jahre später, konnte ich aber endlich meine Neugierde befriedigen und Marburg besuchen. Herausfinden, was genau es war, das so viele Leute von der Stadt schwärmen ließ.
Was ich dabei entdeckte, war eine historische Stadt mit einem prächtigen Schloss. Die wundersame Geschichte einer übergroßen Dienstmagd. Und eine Fachwerkstadt voller Flair und Charme.
Die Universitätsstadt Marburg
Schon bei Anreise kann man seine Augen kaum abwenden, so imposant thront das Marburger Landgrafenschloss auf dem Berg über der Stadt. Viele kleine Rundtürme, ein überdachter Bogengang und gotische Fenster bestimmen die Fassade. Ein trutziges Bauwerk, dominierend und repräsentativ. Darunter die vielen Dächer der Oberstadt, bunt zusammengewürfelt. Ab und zu der spitze Turm einer Kirche, mal mehr, mal weniger schief.

Dieses Bruderschaftshaus hat sogar einen Ausguck mit Blick über die Stadt. Wer möchte hier nicht gern mal Sternen gucken?
Der Weg zur Burg ist steil, deshalb beschließen wir, mit dem Auto die Anhöhe zu erklimmen. Eine gewagte Unternehmung, denn die Straßen treffen teilweise in unglaublich spitzen Winkeln aufeinander. Wahrscheinlich folgen sie den alten mittelalterlichen Wegen, die damals noch keine Autos kannten. Doch wir schaffen es, am Ende heil oben anzukommen. Uns erwartet uns ein fantastischer Blick über die Dächer der Stadt.
Wir beginnen unsere Erkundungstour mit einer Umrundung des Landgrafenschlosses, werfen einen Blick auf den Hexenturm und begutachten den Weinberg am Südhang. Wir betreten den Innenhof und lesen in großen goldenen Lettern von der bewegten Geschichte des Schlosses, die dort auf einem übergroßen Tableau geheftet sind.
Dieses Schloss hat augenscheinlich eine Menge erlebt, und weil wir nun neugierig geworden sind, betreten wir das Innere und besuchen das Schlossmuseum. Eine vortreffliche Wahl, denn das Museum im Schloss wird von der Universität verwaltet und bietet eine ausgezeichnete Sammlung lokaler Fundstücke.
Die Geschichte der Großen Barb
Von innen sieht das Schloss zwar nicht mehr so aus wie im Mittelalter, aber wenigstens die Kapelle lässt noch erahnen, wie es einmal hier ausgesehen haben muss. Letzte Farbreste finden sich auf den Bodenfliesen. Grün und Blau und Gelb. Auch der riesige Bankettsaal lässt noch etwas von der früheren Pracht erahnen, von der Macht und dem Reichtum des Landgrafen. Heute finden hier öffentliche Vorträge und Versammlungen statt.

Mittelalterliche Farbreste finden sich noch an einigen wenigen Bodenfliesen in der Kapelle des Schlosses.
Ein persönliches Highlight unseres Besuchs des Museums jedoch sind die Räumlichkeiten, die eine Ausstellung zur Lokalgeschichte beinhalten. In der Mittelalterausstellung finden wir wundervolle Kirchenkunst in Form von Buntglasfenstern, handgewobenen Teppichen und heidnischen Steingötzen. Wir sind ganz schön beeindruckt.
Als wir die Halle zum Thema Bürgerliches Leben betreten, erahnt der Wachmann unser Interesse an der Materie. Kein Wunder, zücke ich doch immer wieder meine Kamera, um die vielen Schätze einzufangen, die hier ausgestellt sind: massive Eichenholztüren mit eisernen Schlössern, filigranes Holzspielzeug, originale Kleidungsstücke aus dem 16. Jahrhundert. Wir kommen ins Gespräch, und er zeigt uns das Porträt einer jungen Frau.

Dieses Beißspielzeug für zahnende Babys ist nur eines der Fundstücke in der Ausstellung zum Bürgerlichen Leben.
Er erklärt uns, dass es sich um das Abbild einer Dienstmagd namens Barbara handelt. Sie war ein echter Promi, denn Barb war außergewöhnlich groß, nicht nur zu ihrer Zeit, sondern auch für unsere Verhältnisse. Der Maler hatte zur Verdeutlichung eine Messlatte mit ins Bild gemalt, damit man sich die außergewöhnliche Größe verdeutlichen konnte.
Von der Großen Barb existieren nicht nur Gemälde, man verewigte sie auch als Waffeleisenform. Auch dies ist im Museum ausgestellt. Hier steht ein Mann auf einer Leiter, um der Großen Barb einen Becher Wasser zu reichen. Nur eines der vielen tollen Fundstücke, die wir im Marburger Schlossmuseum entdecken.
Die historische Rathausuhr und jede Menge Fachwerk
Nach unserem Besuch des Marburger Schlosses machen wir uns auf, auch die Oberstadt zu erkunden. Wir lassen das Auto auf dem Schlossberg stehen und nehmen den Fußweg nach unten. Für ein leckeres Mittagessen stoppen wir im Restaurant Bücklingsgarten direkt vor den Toren des Schlosses und lassen uns mit leckeren Klößen und frischen Pilzen verwöhnen. Absolut empfehlenswert!
Der Weg in die Stadt führt vorbei an Kunstwerken, die an die Märchen der Gebrüder Grimm erinnern sollen. Marburg, wie wir dabei erfahren, liegt nämlich an der Märchenstraße, und die Gebrüder Grimm waren ihrerzeit auch in Marburg gern gesehen.

Fachwerk, Fachwerk überall. Wir lieben das verspielte Sammelsurium aus Balkonen, Erkern und unmöglichen Winkeln in Marburg.
Immer, immer weiter geht’s, es läuft sich praktisch ganz von alleine. Unser Weg ist unterhaltsam: hübsche Fachwerkhäuser reihen sich entlang der Straße auf, verspielt und verwinkelt. Wir sehen Grundsteine mit Inschriften aus dem 16. Jahrhundert. Ins Holz geschnitzte Fratzen, liebevoll bis ins Detail angemalt. Altmodische Eisenschilder ragen aus den Fassaden, bewerben Cafés und Weinhandlungen.
Wir erreichen das historische Rathaus mit seinem mittelalterlichen Stufendach, eine der bekanntesten Attraktionen der Stadt. Gerade noch rechtzeitig, um das Uhrenspiel zur vollen Stunde mitzuerleben. Als die Stunde schlägt, werden die Figuren rund um das Zifferblatt lebendig, schlagen ihre Flügel und tuten in die Trompete. Justizia wiegelt erneut ab, der Tod dreht das Stundenglas ein weiteres Mal.
Wir streifen durch die Straßen, saugen die frische Atmosphäre um uns herum auf. Überall ist junges Volk unterwegs, trinkt Kaffee, schließt seine Fahrräder an, blättert durch die akademischen Bände in den Buchhandlungen. Wir lieben den Kontrast von Jung und Alt, von Studenten und mittelalterlichen Häusern.
Was du vor dem Besuch Marburgs wissen solltest
Marburg ist auf jeden Fall eine Städtereise wert. Wer noch ein wenig mehr Zeit hat, findet in Marburg auch eine gute Basis, um das malerische Umland zu erkunden.
Wer mit dem Auto anreist, sollte sich genau überlegen, ob er bis zum Schloss vorfahren soll oder besser eines der Parkhäuser in der Stadt aufsucht. Wir hatten Glück mit unserer Parkplatzsuche am Schloss, weil wir nicht im Sommer da waren und generell noch nicht viel los war. Im Sommer fährt eine Bimmelbahn zum Schloss, was euch den mühsamen Aufstieg ersparen kann.
Das Museum ist auf jeden Fall einen Besuch wert – wir kratzen in diesem Artikel nur an der Oberfläche dessen, was man im Landgrafenschloss sehen kann. Natürlich gibt es noch andere tolle Sehenswürdigkeiten in Marburg, darunter zum Beispiel die schöne Elisabethkirche. Besonders viel Flair findet ihr auch im Stadtteil Weidenhausen, das direkt am Ufer der Lahn gelegen ist.
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