Unser winterlicher Kurztrip in den Harz war alles andere als langweilig. Vor allem, wenn man Kinder dabei hat, die unter der australischen Sonne aufgewachsen sind. Denn dann kann etwas so Simples wie Schnee auf einmal zu einem der größten Erlebnisse aller Zeiten werden. Fast war es für uns so, als wären wir selbst wieder Kinder…

Weiß bestäubte Bäume und eine Wiese aus Zuckerguss: Kaum jemand kann sich wohl der Magie des Schnees entziehen.
Wann hast du das das erste Mal Schnee gesehen? Die Chancen stehen nicht schlecht, dass du dich an diesen magischen Moment gar nicht mehr erinnern kannst. Denn wahrscheinlich warst du noch sehr klein. Unsere Tochter hingegen, die musste erst fast zehn Jahre alt werden, um endlich einmal Schnee zu erleben. Diesen Winter in Deutschland, am ersten Freitag im neuen Jahr, war es endlich soweit. Und diesen Tag wird sie auch so schnell nicht wieder vergessen.
Es war der lang gehegte Wunsch unserer Tochter gewesen, einmal in eine Winterlandschaft abzutauchen und sich der weißen Pracht voll und ganz hinzugeben. Doch da der Schnee in Berlin auf sich warten ließ, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Wir hatten für einen Kurzurlaub im Winter die Wahl zwischen zwei Regionen gehabt: der Harz oder das Erzgebirge. Da wir auch von der Idee, die historische Stadt Quedlinburg zu sehen, fasziniert waren, fiel unsere Wahl schließlich auf den Harz.
Doch als wir dort ankamen, am Fuße des Brocken, war es viel zu trocken und zu warm für Schnee. Der Wetterbericht sah nur einen Tag mit Schneeaussichten voraus: den Freitag vor unserer Abfahrt. Und so riskierten wir an diesem Morgen alles und fuhren einfach los. Nichts deutete darauf hin, wie schnell wir vom Schnee überrascht werden würden.

Der Winter kam im Harz urplötzlich und recht heftig. Noch wenige Minuten zuvor hatte die Landschaft grau und langweilig ausgesehen.
Eine Fahrt in eine weiße Welt
Von Quedlinburg fuhren wir am Morgen los in den Harz. Wir kannten uns in der Gegend überhaupt nicht aus und hatten anhand der Informationen, die uns zur Verfügung standen, einige Ziele auf dem Brocken ausgesucht. Es war kalt und trocken an diesem Tag, eben ein typisch langweiliger Wintertag.
Wenn wir schon keinen Schnee sehen sollten, so wollten wir wenigstens die Sehenswürdigkeiten des Harz ansteuern. Den Hexentanzplatz, zum Beispiel. Oder vielleicht auch eine der historischen Städte in der Umgebung, wie zum Beispiel das hübsche Goslar. Hauptsache unterwegs, Hauptsache etwas von der Region an diesem kalten Tag sehen. Wenigstens vom Auto aus.
Und wenn es hart auf hart käme, dann konnten wir doch unser Glück zumindest einmal in Braunlage versuchen, dem führenden Wintersportort im Harz. Hier standen die Chancen noch am besten, dass wir an diesem Tag Schnee sehen würden. Doch zunächst einmal wollten wir den Hexentanzplatz ansteuern. Dass wir dort niemals ankommen würden, hätten wir zu Beginn unseres Ausflugs kaum für möglich gehalten.

Am Rodellift Brockenblick in Torfhaus war der Winterbetrieb schon in vollem Gange. Noch lag eine dicke Wolke über der Landschaft, die kräftig abschneite.
Überrascht von einer gepuderten Landschaft
Schon vom Fuße des Brockens aus konnten wir erste Anzeichen erkennen, dass wir uns auf dem besten Weg befanden, doch noch eine Winterlandschaft wie im Bilderbuch zu sehen. Doch während wir vorne im Auto „Oh“ und „Ah“ angesichts des weiß glitzernden Schnees auf den Gipfeln der Berge riefen, lockte es die beiden Kinder hinten auf dem Rücksitz kaum hinterm iPad hervor.
Wir führen nördlich um das Gebirge herum und begannen dann durch die Ortschaft Bad Harzburg unseren Aufstieg mit dem Auto in die Höhenlagen des Brockens. Ein bezaubernder kleiner Ort, der uns mit einem Mal vor Augen führte, dass wir mitten in einer Berggemeinde angekommen waren. Da war eine Seilbahn zu sehen, ein großer Steinbruch, ein rauschender Wasserfall, in den Hang gebaute Hotels. Die Atmosphäre hatte sich radikal gewandelt.
Doch wo war nur der Schnee? Wir fuhren durch den Ort und weiter nach oben, in den Wald. Und auf einmal geschah das kleine Wunder: Es begann zu schneien! Erst ganz unmerklich um uns herum, doch dann in immer dickeren Flocken. Die Landschaft um uns herum wurde gepudert, verwandelte sich dramatisch. Wir waren in einem Wunderland aus Schnee!

Beim Anblick diese weißen, jungfräulichen Pracht gab es für unsere Kinder kein Halten mehr. Sie steuerten gleich die erste Wiese für eine wilde Schneeballschlacht an.
Ein unvergessliches Abenteuer: Das erste Mal Schnee
In nur wenigen Augenblicken war es um uns herum weiß. Die Kinder legten die iPads weg, vom Anblick völlig verzaubert. Jetzt waren sie es, die im Auto „Oh“ und „Ah“ riefen. Die nackten Bäume um uns herum standen in einem Meer aus Weiß, um uns herum ein Gewirbel aus Flocken, ein Nebel aus Wolkenluft. Die Fahrbahn verschwand unter einer weißen Decke, Lastwagen blieben liegen oder fuhren mit Warnblinkanlage im Schneckentempo weiter, am Straßenrand schichtete sich nun der Schnee in kleinen Häufchen.
Wir kamen durch einen kleinen Ort namens Torfhaus. Er bestand aus nicht viel mehr als einem Feriendorf, einem Parkplatz und einem Rodellift, doch hier hatten sich alle Wintersportfreunde offensichtlich schon eingefunden, um die weiße Pracht zu feiern. Wir fuhren vorsichtig weiter, folgten dem Navi, der uns zum Hexentanzplatz bringen sollte. Doch dann verfranzten wir uns im Wald, entschieden, dass die Weiterfahrt unter diesen wintrigen Umständen unmöglich war, und kehrten um.
Wir schlossen uns spontan den Tagesbesuchern des kleinen Örtchens Torfhaus an. Zahlten die Gebühr für den Parkplatz und ließen die Kinder los, die sich im Auto bereits die Nasen an den Fensterscheiben plattgedrückt hatten. Auf in den Schnee! Auf in diese Puderzuckerlandschaft! Auf ins Abenteuer!

Wegen Rutschgefahr war ich dazu verdammt, auf einer Stelle stehen zu bleiben. Das gab mir immerhin genug Gelegenheit, die winterliche Landschaft des Harzes mit der Kamera einzufangen.
Was wir schon immer über Schnee wissen wollten
Im Voraus hatte mir ich meine Tochter viele Fragen über den Schnee gestellt. Wie fühlt er sich an? Ist er sehr kalt? Ist er weich? Darf man die Zunge rausstrecken und ihn probieren? Was muss man tun bei einer Schneeballschaft? Und wie baut man eigentlich einen Schneemann?
Doch es gab noch viele weitere Fragen, die ihr bis dato noch gar nicht eingefallen waren, weil ihr jegliche Erfahrung zu dieser Sache fehlten. Zum Beispiel: Wusstest du, liebe Tochter, dass Schnee die Geräusche dämpft? Kennst du diesen speziellen Geruch, den es nur bei Schneewetter gibt? Siehst du, wie das vom Weiß zurückgeworfene Licht so völlig anders aussieht, so hell und kalt und doch irgendwie gemütlich? Es war an der Zeit, diesem Kind etwas völlig Neues in seinem Leben zu zeigen.
Dick eingepackt zogen wir los, mitten im verschneiten Harz all diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Wir wussten, wir mussten nicht besonders weit gehen, um echte Winterfreude zu erleben. Eine Wiese in der Nähe des Parkplatzes würde völlig ausreichen. Und das war auch gut so. Denn wie sich herausstellte, hatte ich wohl selbst einiges zum Thema Schnee im Laufe der Zeit vergessen.
Die erste Schneeballschlacht des Lebens
Schnell musste ich erkennen, dass wir nur mäßig auf den Schnee vorbereitet waren. Meine Schuhe waren undicht, die Socken sofort feucht. Meine Jacke war nicht wasserdicht und nässte ebenfalls schnell durch. Wir hatten nur zwei paar Handschuhe eingepackt, aus Wolle, so dass die Finger bald eiskalt wurden. Ohne Profil in der Sohle wurde der kleinste Abhang zu einer gefährlichen Rutschpartie.
Und doch: Die Freude am Schnee überwog. Und die Freude, den Kindern beim Entdecken dieser neuen Sache zuzusehen. Schon bald war eine heftige Schneeballschlacht in Gange. Quiekend wurden die Schneebälle quer über die Wiese geworfen, klatschend fanden die Geschosse ihr Ziel. Freude pur. Es war herrlich!
Durch meine schlechte Schuhwahl war ich dazu verdammt, wie angewurzelt an einer Stelle stehenzubleiben. Doch die Freude und den ungebremsten Spaß der Kinder konnte ich trotzdem fühlen, und diese Begeisterung für eine der einfachsten Sachen der Welt war wirklich ansteckend. Am Ende stiegen wir alle wieder ins Auto, durchgefroren, durchnässt, mit Schmerzen, doch glücklich.
Ein unvergesslicher Winterausflug in den Harz
Letztlich war es nur ein kurzer Ausflug in den Schnee, doch er war jede Minute wert gewesen. Wir fuhren zurück ins Flachland, nach Goslar, denn wir waren für so starkes Winterwetter ganz einfach nicht gut gerüstet.
Für die Kinder würde dies mit Sicherheit einer der denkwürdigsten Tage ihres Lebens werden. Und es ist schön, dass wir dabei sein durften und ihnen dieses Geschenk machen konnten.
Wir kommen mit Sicherheit noch einmal zurück. Der Harz hält noch so viele weitere Überraschungen bereit, nicht nur im Winter.
2 Kommentare
Hach klasse! Da freue ich mich ja richtig mit deiner Tochter. Ich konnte jahrelang gut auf Schnee verzichten, aber mit Kind ist es einfach ein Muss.
Liebe Grüße
Angela
Ja, wie sagt man so schön: Die Welt mit Kinderaugen sehen!