Als wir mit den Kindern in Fort Bravo ankamen, lag die Stadt wie verlassen da. Unter dem strahlend blauen Himmel trieb der Wind dichte Staubwolken durch die Straßen. Ein Pferd wieherte irgendwo in der Nähe, unruhige Hufe traten energisch gegen eine hölzerne Stalltür.
Das Fehlen menschlicher Stimmen war auffällig. Zwischen uns und den hölzernen Häuserfronten gab es nicht eine einzige Menschenseele zu entdecken. Wir waren ganz allein in dieser Geisterstadt. Nur wir, die Hoffnungen und Träume des amerikanischen Wilden Westen und die endlose Stille der Wüste von Tabernas.
Es dauerte nur wenige Sekunden, doch gleich nach der Ankunft fanden wir uns mitten im Wilden Westen Amerikas wieder. Und wir taten das, was jeder in unserer Situation getan hätte. Wir suchten den örtlichen Saloon auf in der Hoffnung, hier den Rest der Besucher und Einwohner von Fort Bravo vorzufinden.
Fort Bravo: Eine gelungene Illusion des amerikanischen Westens
Unser Tagesausflug hatte uns nach Fort Bravo in der Nähe der spanischen Stadt Almería geführt. Zwar war dieses Gelände für Besucher zugänglich, aber ein wirklicher Freizeitpark war Fort Bravo eigentlich nicht.
Vielmehr lag das Spannende an Fort Bravo in seiner Fähigkeit, dem Besucher den echten Wilden Westen vorzugaukeln. Eine Westernstadt, die sich eben nicht in Amerika befand, sondern direkt hier in Europa. Eine Umgebung, wie sie schon Hunderte Male in Westernfilmen verwendet worden war, oftmals ohne dass die Kinobesucher realisiert hätten, dass der Film eigentlich gar nicht in den USA gedreht worden war.
Die Umgebung, das war die Wüste von Tabernas, die einzige Wüste Europas. Zum Verwechseln ähnlich sah diese Landschaft den Wüsten von Kalifornien, Nevada und Arizona. Doch der Vorteil war der, dass es von hier bis zur nächst größeren Stadt und Flughafen nur wenige Kilometer waren, was die Produktionskosten enorm senkte.
Viele bekannte Blockbuster wurden daher in Fort Bravo produziert, unter anderem Spiel mir das Lied vom Tod, Lawrence von Arabien und der Schuh des Manitou.
Das Land der Cowboys
Endlich waren wir mit den Kindern am Saloon angekommen. Auf der Verandah vor den Schwingtüren spielte ein Cowboy gelangweilt mit seinem Colt. Er lud uns freundlich ein, den Saloon zu betreten und zur rechten Seite Platz zu nehmen. Und nun wussten wir auch, warum die Straßen der Stadt so menschenleer gewesen waren.
Der Saloon war brechend voll mit Besuchern, die alle hier waren, um das Spektakel in der Mitte des Raumes mitzuverfolgen, wo sich drei Cowboys zu einem Kartenspiel niedergelassen hatten. Zwar sprachen alle Beteiligten Spanisch, aber das war auch nicht weiter schlimm, denn als der Cowboy von der Tür nun ebenfalls den Saloon betrat, änderte sich die Atmosphäre im Raum auf dramatische Art und Weise.
Schüsse fielen, aufgeputzte Barfräulein kreischten, Fäuste fanden krachend ihr Ziel, Cowboys brachen sterbend zusammen.
Jeden Tag fanden in Fort Bravo Cowboy-Shows wie diese statt. Eine durch und durch glaubwürdige Veranstaltung. Beinah so, als ob die Szene aus einem der 600 Filme genommen worden war, die hier an diesem Ort bereits produziert worden waren.
Fort Bravo: Filmkulisse, nicht Freizeitpark
Nach der Show erkundeten wir den Park noch ein wenig mit den Mini Globetrottern.
Bei Fort Bravo handelte es sich um eine ganze Ansammlung von Filmsets, die alle nahtlos ineinander überzugehen schienen. Daher gab es hier alles zu entdecken, was so eine typische Wild-West-Stadt ausmacht: eine Kirche mit Friedhof, ein Schulhaus, ein Sheriffbüro, Ställe, ein Holzfort, ein Ponderosa-Tor.
All dies vor dem Hintergrund der wunderschönen Tabernas-Landschaft.
Wir inspizierten alle Bereiche ganz genau. Wir pflückten Kräuter zwischen den Indianer-Tipis, die zwischen den Fingern zerrieben nach Zitrone rochen. Wir stiegen den Galgen hoch und taten so, als wären wir die Bösen, die endlich der Gerechtigkeit zugeführt wurden. Wir folgten den Eisenbahnschienen, die sich wenige Meter später in Luft auflösten. Warfen einen Blick in Dutzende Gebäude, denen es innen an Mobilar, Wänden und sogar Böden fehlte.
Fort Bravo war nicht zur Belustigung von Besuchermassen erschaffen worden. Zuallererst einmal war Fort Bravo ein Filmset.
Hier gab es keine Geschäfte, die Klimbim und Süßigkeiten verkauften. Einzig ein Fotograf bot auf alt getrimmte Foto-Andenken an. Alle Häuser waren innen leer, die Türen meist verschlossen. Wagte man es, die Illusion zu durchbrechen und nach innen zu schauen, entdeckte man nur Spanplatten, Hämmer und Nägel, bestimmt für den Bau weiterer Wild-West-Kulissen.
Spiel mir das Lied vom Tod
Fort Bravo war wirklich einmal eine gelungene Abwechslung. Kein Freizeitpark, sondern ein echtes Abenteuer. Solange man sich an die Regeln hielt, versprach der Ort die perfekte Wild-West-Illusion.
Als sich die Cowboys auf die Rücken ihrer Pferde schwangen, um, eine Staubwolke hinter sich herziehend, in den Sonnenuntergang zu reiten, konnte man beinah einen Ennio-Morricone-Soundtrack im Kopf hören.
Sie waren bestimmt auf dem Weg zu neuen Abenteuern, da waren wir uns ganz sicher. Irgendwo da drüben, in der großen unbekannten Wildnis der Tabernas-Wüste, würden sie zweifellos ihre Bestimmung finden…
Lust auf mehr? Die offizielle Webseite von Fort Bravo findet ihr hier. Tipp: Wenn ihr im Sommer Fort Bravo besuchen möchtet, bedenkt, dass ihr in die Wüste fahrt. Sorgt also entsprechend vor mit Hüten, Sonnebrillen, Sonnenmilch und ausreichend Wasser. Und wenn ihr Fragen habt, kommentiert ganz einfach unter dem Artikel oder schreibt uns eine Nachricht.
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