Es war im Frühjahr 2008 als wir uns entschieden, unser schwer verdientes und erspartes Geld für unseren ersten großen Urlaub mit Baby auszugeben. Wir lebten damals in Sydney, und ich war gerade eben erst mit Nummer zwei schwanger geworden. Nach dem gefühlsmäßig langen Winter in Sydney freuten wir uns auf die milderen Temperaturen im sonnigen Queensland, und so entschlossen wir uns zu einer Woche Sommerurlaub in Airlie Beach.
Wir machten alles genauso wie früher. Wir suchten uns ein Apartment, mit dem wir uns selbst verpflegen konnten. Wir buchten etwas weiter weg vom Trubel, denn das war billiger als mitten im Zentrum zu wohnen. Und wir erreichten mit wenig Vorwissen zur Destination oder zu den Ausflugsmöglichkeiten. Das war bis dahin immer gut gegangen. Aber früher hatten wir ja auch noch kein Baby.
Mit einem knapp Zweijährigen im Schlepptau wurde der Urlaub dann doch völlig anders als wir uns das so gedacht haben. Und mit Erschrecken mussten wir feststellen, dass wir uns überhaupt nicht gut erholen konnten. Unser gesamter Tagesablauf und alle Entscheidungen, die wir trafen, von Restaurants zu Ausflügen (nämlich keine) zu Spaziergängen waren alle so getroffen, dass es vor allem dem Baby gut ging. Denn nur wenn der Kleine nicht schrie, nicht hungrig oder übermüdet war, konnten wir uns mal für ein paar Minuten entspannen.
Am Ende fuhren wir nach Hause und brauchten eigentlich im Prinzip gleich wieder einen Urlaub.
Aber es ist ja nicht so, dass man aus solchen Erfahrungen nicht lernt. Mit Kindern zu reisen ist halt anders. Aber man kann es trotzdem genießen, wenn man weiß, wie man so einen Urlaub zu planen hat. Und wenn man seine Einstellung ändert.
Inhalt
- 1 Man erholt sich anders
- 2 Man macht mehr Kompromisse
- 3 Man schlägt ein anderes Tempo ein
- 4 Man kann nicht mehr alles so sehen wie früher
- 5 Der Fokus verändert sich
- 6 Man sieht Dinge, die man sonst nicht sieht
- 7 Erinnerungen mit der Familie schaffen
- 8 Zusammenleben auf engem Raum
- 9 Man lernt einander von einer anderen Seite kennen
- 10 Den Kindern die Welt zeigen und erklären
Man erholt sich anders
Vorbei sind die Zeiten, wo man lange ausschlafen kann, entspannt ein Buch ohne Unterbrechung am Pool lesen kann oder abends noch schick essen gehen kann. Das ist bei einem Familienurlaub mit kleinen Kindern ganz einfach nicht drin. Das heißt aber nicht, dass man die Zeit mit einem Kind, egal ob groß oder klein, nicht auch als erholsam erleben kann. Wir ziehen unsere Erholung mittlerweile daraus, dass wir mal nicht das typische Einerlei im Beisein der Kinder erleben. Wir kuscheln mehr. Wir frühstücken lange. Wir lachen viel. Auch das ist Urlaub.
Man macht mehr Kompromisse
In einer Ehe gibt es nur zwei Personen. Aber in einer Familie sind es auf einmal drei, und dann vielleicht sogar vier oder fünf. Egal wie viel mehr es sind, man wird grundsätzlich überstimmt. Aber so ist das halt. Dagegen anzugehen bedeutet, ständig frustriert zu sein. Aber man kann sich arrangieren. Man selbst oder der Partner kann mal eine Auszeit nehmen. Kinder können mit einem Eis bestochen werden, wenn das bedeutet, dass man noch einmal zusammen als Familie spazieren gehen kann. Eine Attraktion kann besucht werden, wenn daneben ein toller Spielplatz ist, und so weiter.
Man schlägt ein anderes Tempo ein
Rom und den Vatikan in zwei Tagen. Das sind mal eben schlappe 40km auf den Beinen sein. Wir haben das 2015 getan, aber nicht mit unseren Kindern. Die hätten das niemals geschafft, und wir hätten es auch nicht von ihnen verlangt. Was haben die denn schon davon? Wenn wir mit den Kindern reisen, dann planen wir extra viel Zeit ein. Wir streichen alles von der Liste, was nicht absolut notwendig ist. Denn Zeitdruck und Hektik ist wenig erbaulich. Kinder brauchen nun mal länger. Es passieren unvorhergesehene Dinge. Sie haben nur kurze Beine, weniger Ausdauer und Geduld. Und das ist ok. Das heißt ja nicht, dass man gar nicht mehr fahren sollte. Man sollte nur mehr Zeit einplanen.
Man kann nicht mehr alles so sehen wie früher
Mit Kindern hat man eine andere Reichweite. Das fängt schon mit dem ganzen Kram an, den man bei kleinen Babys mit sich rumschleppen muss. Kinderwagen können nicht überall hin, besonders in Altstädten oder an historischen Orten hat man da so seine Probleme. Kinderbeine sind kurz, da kann man nicht mehr Berge oder Kirchtürme besteigen, um von oben runterzuschauen. Die räumliche Einschränkung kann spürbar schmerzen, aber so ist es halt. Und es wird besser. Mit jedem Jahr steigt die Reichweite. Deshalb: Merken und irgendwann wiederkommen, wenn die Kinder erwachsen sind.
Der Fokus verändert sich
Ihr seid früher mit dem Rucksack durch Südostasien, seid in Australien mit Delfinen getaucht, oder habt auf Ibiza die Nächte durchgefeiert? Damit ist es erstmal vorbei. Und vielleicht ist euch das mittlerweile auch gar nicht mehr so wichtig. Wie in so vielen anderen Bereichen im Leben steht das Kind nun im Mittelpunkt. Ihr wollt, dass dieses Kind sicher ist und glücklich, dass es Spaß hat und tolle, kindgerechte Dinge erlebt. Und das ist auch gut so. Ihr hattet euren Spaß, als ihr noch alleine wart. Jetzt ist es Zeit, anderen eine Freude zu bereiten.
Man sieht Dinge, die man sonst nicht sieht
Und damit meinen wir nicht die familienfreundliche Toilette am Flughafen. Wir meinen, dass Kinder euch die Augen öffnen können für Dinge, die ihr unter anderen Umständen gar nicht wahrgenommen hättet. Die lustigen Möwen, die gern mal eine Pommes stibitzen. Der Straßenmusiker auf dem Marktplatz. Der Hund von der Person am Nebentisch. Mit Kindern passiert es zudem häufiger, dass man mit Fremden ins Gespräch kommt. Ein toller Eisbrecher.
Erinnerungen mit der Familie schaffen
Die Elternschaft kommt mit einer ganzen Reihe von neuen Aufgaben, Herausforderungen und Verpflichtungen. Eine, die dazu gehört ist die, ein gesamtes Sammelalbum von tollen gemeinsamen Erinnerungen zu schaffen. Denkt an eure Kindheit zurück. Seid ihr mit den Eltern und den Geschwistern weggefahren? Meine wichtigsten Erinnerungen aus der Zeit, als ich 5 oder 6 Jahre war, lassen sich zurückführen auf nur zwei lange Sommerurlaube mit der Familie. Das Ballspielen mit meinem Bruder auf Rastplätzen. Der Kampf gegen die Wellen im Mittelmeer. Das Trostpflaster-Eis nach einer Quallenattacke. Die heißen Nächte mit dem Zirpen von Grillen. Warme, angenehme Erinnerungen, die ungemein wichtig sind für den Familienzusammenhalt und für das spätere Leben.
Zusammenleben auf engem Raum
Zusammengepfercht zu sein auf engem Raum kann eine Herausforderung sein, aber es kann auch sehr therapeutisch und lehrreich sein. Man lernt nämlich sehr viel über sich selbst, wenn man mit kleinen Kindern lange Zeit aufeinander hocken muss. Zum Beispiel bei Langstreckenflügen. Oder als wir zwei Tage bei einem Sturm auf der Coromandel-Halbinsel in Neuseeland zugeregnet wurden. Nachts auf Zehenspitzen ins Bett zu schleichen, weil das Kind im selben Raum schläft. Das macht nicht immer Spaß, ist aber machbar.

Babykrokodile streicheln im Thailänder Zoo nach einem heftigen Regenschauer. Das Foto war seine Idee.
Man lernt einander von einer anderen Seite kennen
Wenn der Papa nicht nur auf der Arbeit ist, sondern auch mal das Frühstück machen kann. Wenn die Mama sich auf einmal im Wasserski probiert oder beim Reiten in eine Pfütze fällt. Wenn Kinder nicht nur ständig übermüdet und gelangweilt sind und man sich nicht nur zwischen Tür und Angel sieht. Urlaub kann einem endlich die Möglichkeit geben, auch andere Seiten der Persönlichkeit zu zeigen. Und meist sind Kinder die Stars dabei: ihre Entwicklungsschritte werden auf einmal viel deutlicher sichtbar, weil man sich endlich mal wieder Zeit nehmen kann ihnen zuzuhören und zuzuschauen.
Den Kindern die Welt zeigen und erklären
Kinder lernen nicht nur in der Schule. Der Reiz von Familienreisen liegt darin, ihnen die Welt zu zeigen. Wie andere Leute leben, was man woanders isst, welche Sprache wo gesprochen wird. Kinder nehmen unglaublich viel davon auf. Es prägt ihr Weltbild. Es macht sie zu besseren Weltbürgern. Wir schön, dass man als Eltern daran leibhaftig teil haben kann, sie anleiten kann und sie vorbereiten kann auf das “Leben da draußen”! In Zeiten wie diesen gibt es kaum ein wichtigeres Unterrichtsfach als das Kennenlernen anderer Kulturen und das Wissen um andere Gebräuche.