Sechs Monate sind ins Land gegangen und wir sind immer noch in Berlin. Der heiße Sommer ist einem kalten Winter gewichen, keine Überraschung da, und wir haben uns mittlerweile ganz gut eingelebt. Und dabei geht es uns erstaunlich gut, trotz Kälte und Feuchtigkeit. Immer wieder werde ich gefragt: Wie geht es dir jetzt so in einem deutschen Winter? Vermisst du nicht den endlosen Sommer, wie du ihn aus Australien und Spanien kennst?
Hier kommen meine 50 Cents zu unserem ersten Winter in Deutschland, quasi als ein kleines Update für unseren Auswanderungs-Blog.
Punkt 1: Es ist dunkel…
An die eisige Kälte in Berlin konnte ich mich selbst nach 14 Jahren noch gut erinnern, aber weniger an die Dunkelheit. In Sydney und Spanien schien selbst im Winter die Sonne, der Himmel war tagsüber blau, man konnte immer ein wenig Sonne tanken. Jetzt aber wird es oftmals gar nicht erst so richtig hell, so dicht ist die Wolkendecke. Da mussten wir uns erstmal wieder dran gewöhnen. Unsere Kontra-Offensive? Jede Menge kleiner Lämpchen, die wir über die Wohnung verteilt haben und die für eine lauschige Atmosphäre sorgen, sowie eine gehörige Portion Vitamin D vom Doc!
Punkt 2: …Aber: Es ist gar nicht so kalt
Das dicke Ende kommt bestimmt noch, aber bislang ist es in Berlin noch nicht so kalt, wie ich es in Erinnerung habe. In Spanien habe ich im Winter auf jeden Fall weitaus mehr gebibbert. Das lag vor allem daran, dass man unser Haus in Spanien nicht besonders gut heizen konnte, und so war es schon beim Frühstück kalt und man wurde über den Tag verteilt nie wirklich warm. Ich weiß noch gut, wie wir die Kinder vor dem warmen Standgebläse angezogen haben, sowohl in Sydney als auch in Spanien! Wie ich Kopfschmerzen beim Schlafen bekam, weil das Schlafzimmer so auskühlte. Und wie Wände und Fußboden immer kalt waren, es eisig durch die Fenster zog. Jetzt ist uns immer schön mucklig warm dank Bodenheizung und Isolierverglasung, so dass wir für unsere Fahrten durch Berlin entsprechend vorgewärmt sind.
Punkt 3: Weihnachtsschoko schmeckt immer noch gut
Eigentlich bin ich gar kein Zuckerschnäuzchen, aber bei all der Weihnachtsschoko und dem ganzen würzigen Gebäck kann auch ich nicht widerstehen. Dieses Jahr haben wir sogar einen Weihnachtsteller, den wir offen auf dem Wohnzimmertisch herumstehen lassen können. Weder schmilzt die Schoko, noch können sich Ameisen oder Kakerlaken darüber her machen. Und im Gegensatz zum nach Australien importierten Zeugs ist das Ganze auch noch frisch und aromatisch. Lecker!
Punkt 4: Die Länge der Tage ist Ansichtssache
Man sagt ja immer, im Winter werden die Tage kürzer. Das finde ich aber gar nicht. Ganz im Gegenteil: Die Tage werden länger. Denn wenn die Sonne um 16 Uhr schon untergeht, beginnt die lange, lange Nacht, und damit geht eine Art Zeitlosigkeit einher. Denn bis auf die Uhr gibt es nichts, das einem sagt, wieviel Zeit eigentlich vergangen ist. Unsere Abende erscheinen mir auf einmal angenehm ausgedehnt. Es gibt keine Hektik, kein Herumhetzten und “noch die letzten Sonnenstrahlen einfangen”.
Punkt 5: Erkenntnis: Ich bin ein Indoor-Mensch
Australien ist ein Outdoor-Land, und auch wenn ich die Idee total schätze immer draußen zu sein, zu picknicken, joggen und am Strand zu liegen, so habe ich doch ein paar Dinge vermisst, die man drinnen machen kann. Zum Beispiel einen guten Film im Fernsehen sehen. Oder mal ein Brettspiel spielen. Bei einer Tasse Tee eingekuschelt ein Buch zu lesen. Mit Freunden Raclette kochen. Denn Kultur und Menschen spiegeln immer auch das Klima eines Landes wieder, und wenn das Wetter mal nicht so mitspielt, dann ist man ganz schön aufgeschmissen. In Sydney hieß es bei zwei Wochen Dauerregen nur: Einkaufszentrum als Unterhaltung. In Berlin gibt es da viel mehr Möglichkeiten. Allerdings ist Berlin dann wiederum weniger gut für eine Hitzewelle gerüstet.
Zum Teufel mit dem Winterblues!
Die Sache ist am Ende die: Ich bin nicht besonders begeistert darüber, dass es kalt ist und regnerisch und grau. Aber ich kann dem Ganzen etwas abgewinnen. Denn nur mit dem Winter gibt es auch einen Sommer. Es ist der Kontrast, der dafür sorgt, dass ich die jeweils andere Jahreszeit wieder schätzen gelernt habe. Anstatt gegen die Misere anzukämpfen, werde ich zum Jahreszeitenmensch, lasse mich vom Wechsel der Temperaturen und den Sonnenstand treiben und genieße ganz einfach den Moment. Denn auf jeden Winter folgt auch wieder ein Sommer, und bis dahin werde ich einen Teufel tun, mich vom Winterblues runterziehen zu lassen.
Wie siehst du das so? Kommst du gut mit diesem Winterwetter da draußen klar? Was ist deine Taktik, um bis zum Frühjahr durchzuhalten?