Wenn du diesem Blog schon seit einigen Monaten folgst, wunderst du dich vielleicht, wie es kommen konnte, dass ich heute wieder in Berlin lebe. Vielleicht fragst du dich auch, wie es kommt, dass ich Berlin überhaupt einmal verlassen habe. Und eventuell willst du auch wissen, wie es uns jetzt hier so in Berlin ergeht und wie unser neues Umfeld aussieht.
Deshalb wollte ich dich einmal mitnehmen auf einen Rundgang durch meinen Kiez. Denn Prenzlauer Berg hat ein paar echt schöne Seiten und manchmal auch ein paar seltsame. Nachdem du mit dem Lesen fertig bist und meine Fotos gesehen hast, wirst du vielleicht nachvollziehen können, warum es mich wieder zurück in die Heimat verschlagen hat.
Das Vorspiel: Deshalb sind wir überhaupt aus Berlin weggezogen
Vor vierzehn Jahren lebten mein Mann und ich als frisch verheiratetes Ehepaar in Berlin. Ich studierte noch an der Uni und war kurz davor meinen Magister zu machen. Mein Mann arbeitete zu diesem Zeitpunkt bereits bei einer großen internationalen Firma. Als wir die Möglichkeit hatten, unsere Zelte für eine Weile abzubrechen und nach Sydney, Australien zu ziehen, stimmten wir begeistert zu, nicht zuletzt weil Winter war und uns die Ohren abzufrieren drohten. Es war eine konsequenzlose Möglichkeit mit der Aussicht, nach zwei Jahren wieder zurückzukommen, ein Abenteuer, ein Traum vom Leben am Strand. Was wir nicht ahnen konnten, war, dass wir uns schon bald hoffnungslos in Sydney verlieben und letztlich dableiben würden.
Nach dreizehn Jahren in Australien spürte ich jedoch, dass mir etwas fehlte. Sydney war zwar echt schön, aber irgendwie auch ein großes, langweiliges Dorf. Ich brauchte einen Tapetenwechsel. Und so kam die Entscheidung, für eine Weile nach Spanien zu ziehen, um das Leben dort auszuprobieren. Es gab für die Entscheidung Spanien eigentlich keinen besonderen Grund, außer, dass ich als Kind meine Sommer dort verbracht hatte und das sonnige Lebensgefühl dort liebte. Eine tolle Kultur, leckeres Essen, wunderschöne Landschaften. Aber leider klappte es nicht so ganz und ich wurde nicht heimisch. Mein Spanisch reichte nicht aus um mitzumischen, und wir fanden uns umzingelt von skandinavischen Rentnern und super beschäftigten spanischen Familien. Für uns war da kein Platz.

Mal verrückt, mal romantisch, die Straßen meiner neuen Nachbarschaft halten immer wieder Überraschungen bereit.
Als wir dann zu Weihnachten nach Berlin flogen, weil die Flüge so schön billig waren, schlug mein Heimweh deshalb wie eine Bombe ein. Die breiten Alleen mit dem alten Baumbestand, die coole Streetart, die kleinen Spezialitätengeschäfte, das Geräusch der U-Bahn… ich fühlte mich, als wäre ich endlich wieder zu Hause angekommen. Die Abreise nach unserem kleinen Weihnachtstrip war herzzerreißend.
Einige Wochen später stand der Plan fest wieder nach Berlin zu ziehen. Der Gedanke, wieder näher bei der Familie zu wohnen, war beruhigend. Den Kindern die deutsche Kultur auf einem Silbertablett bieten zu können, unbezahlbar. Ich vertraute dem deutschen Schulsystem und ich wollte natürlich auch, dass die Kinder einen guten Start ins Leben haben. Wieder Deutsch zu sprechen und mich mit jungem Volk aus allen Ländern umgeben zu können, holte mich aus der Isolation zurück, die ich in Spanien so schmerzhaft erlebt hatte.
Noch in den Flitterwochen, Berlin also mit der rosaroten Brille gesehen
Als ich ein Teen war, hörte ich gern die Musik einer Band namens Suede. Ihre Musik handelte viel davon, wie es war, in London zu leben. Das Drama der Großstadt. Der Sänger konnte die romantisch-depressive Stimmung der anonymen Stadt sehr treffend einfangen und beschreiben. Das Gefühl, durch belebte Straßen zu gehen und Teil einer Gemeinschaft zu sein, ein Stück weit das Leben der anderen mitzuleben. Und genau so fühlt sich momentan Berlin für mich an.
Dabei half sicherlich auch der herrlich warme und trockene Spätsommer. Ich hatte viel Gelegenheit, meinen neuen Kiez im Prenzlauer Berg zu Fuß zu erkunden. Den Leuten zuzuschauen, wie sie an Cafetischen auf den breiten Bürgersteigen saßen und Bier tranken. Die Kinder, wie sie die Spielplätze bevölkerten. Die herrlichen Jugendstilfassaden der Altbauten, restaurierter Stuck an den Wänden. Die lustigen Sticker auf Straßenlaternen. Das Sprachgewirr der Leute. Ich lief und lief und konnte mich gar nicht mehr sattsehen.
Dabei muss gesagt werden, wir hatten wahnsinniges Glück bei der Wohnungssuche. Das wir so schön zentral mitten im Prenzlauer Berg unterkommen würden, grenzte an ein Wunder. Als Geschichts-Nerd bin ich immer wieder geflasht, wenn ich an den Altbauten vorbeigehe, die heute wieder im neuen Glanz erstrahlen. Die Straßen sind grün und haben noch Kopfsteinpflaster, Kinder legen am Nachmittag an den Kreuzungen ihre Decken aus und veranstalten ihre Flohmärkte zum Tausch von Spielzeug.

Es sind die vielen kleinen Dinge, die mich immer wieder umwerfen. So wie dieses „gerettete“ Firmenschild aus Vorkriegszeiten.
Die Geschichte des Prenzlauer Berg
Um den Reiz des Prenzlauer Bergs zu begreifen, muss man ein wenig zurückgehen. Das Viertel war ein geplantes Stück Berlin, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts quasi aus dem Boden gestampft wurde. So wie in vielen anderen Vierteln Berlins auch, wurde dabei auf die Durchmischung von Gewerbe und Wohnraum sowie der sozialen Schichten geachtet.
Je nachdem, was man sich so leisten konnte, lebte man unten (teuer) oder unterm Dach, im Vorderhaus (teuer) oder im Hof. Zwar hatten alle Bewohner die gleiche Adresse, aber die Mietpreise unterschieden sich je nach Lage und Ausstattung enorm.

Heute ist der Prenzlauer Berg sicherlich kein billiges Pflaster mehr. Ich habe immer das Gefühl, ich wäre in einem Werbespot gelandet.
Heute stehen die Dinge anders im Prenzlberg, wie wir es kennen. Nach vielen Jahren der Vernachlässigung zu Zeiten der DDR wurden mittlerweile fast alle Altbauten saniert. Viele junge Familien sind hinzugezogen, bevölkern die Spielplätze und Wochenmärkte. Sie schätzen den Charme der Altbauten mit ihren hohen Stuckdecken, Holzdielen, Flügeltüren und großen Fenstern. Gentrifizierung ist der Elefant im Raum. Doch ich kann dem Ganzen auf jeden Fall was abgewinnen, genieße sogar die relaxte Atmosphäre des Viertels.
Auch wenn wir nicht in einem dieser herrlichen Altbauten untergekommen sind, so leben wir doch nicht schlecht. Unser Haus ist ultramodern und steht in einem Hinterhof. Nach Jahren im Ausland genieße ich in vollen Zügen die vielen – für uns Deutsche so selbstverständlichen – Annehmlichkeiten wie Isolierverglasung, Steckdosen ohne Funkenschlag und Fußbodenheizung.
Ein Spaziergang durch den Kiez
Auch wenn Berlin eine Großstadt ist, so bricht sie doch in kleinere Bereiche und Nachbarschaften auf. Der Kiez ist ein urberlinerisches Wort, und er bezeichnet eben genau diese beinah in sich geschlossenen Gemeinschaften mitten in der Stadt. Ein Kiez gruppiert sich um einen Platz oder eine Straße mit Geschäften und versorft das Viertel mit fast allem, was man so zum Leben braucht. Das Auto, das haben wir in Berlin schnell gemerkt, kann man hier meist getrost stehen lassen.
Im Prenzlauer Berg gibt es eine ganze Reihe von Kiezen. Der bekannteste ist wahrscheinlich der Kollwitzkiez, der ja bei jungen Familien so beliebt ist. Aber es gibt auch noch das Winsviertel (mit guten Restaurants) oder meinen eigenen Kiez, den Bötzowkiez.
Die folgenden Fotos zum Abschluss zeigen dir ein paar typische Seiten meiner Nachbarschaft sowie einige Kuriositäten. Ich hoffe, sie machen deutlich, warum ich mich so heftig in diese Stadt verknallt habe. Der Mix aus Kultur, Geschichte, Innovation, Interpretation und Kreativität ist einfach unschlagbar.
Hier ist mein super ausführlicher Berlin-Guide mit vielen Tipps für Restaurants, Hotels, Sehenswürdigkeiten und den öffentlichen Nahverkehr.
Fotos vom Prenzlauer Berg 2018

Dieser ehemalige Wasserturm beherbergt heute Luxusapartments. Doch früher befand sich hier direkt nebenan eines der ersten Konzentrationlager für politische Gefangene. Heute befinden sich hier eine Kita und ein Spielplatz.

Diese Wasserpumpen findet man vielen Orten in Berlin. Da das Grundwasser nicht sehr niedrig ist und wir quasi alle auf Sand leben, ist die Installation wahrscheinlich früher schon kein Problem und sicherlich der öffentlichen Wasserversorgung zuträglich gewesen.

Bürgerinitiativen, Schulen und Gruppen setzen sich für die Gemeinschaft ein. Hier zum Beispiel hat eine Grundschulklasse einen Baum gestiftet.

Einige Straßenbäume in Berlin sind tatsächlich Obstbäume. Ich habe schon Kirschen und Birnen entdeckt, und das hier sieht aus wie eine Art kleiner Apfel?

Streetart findet man kaum im Prenzlberg, dafür muss man schon nach Kreuzberg oder Friedrichshain. Wenn man sie doch sieht, dann meist als Teil eines Marketingkonzepts für einen Shop.

Die Wohnstraßen im Kiez sind wirklich ruhig und verkehrsarm. Der Hauptdurchgangsverkehr spielt sich auf den großen Straßen und Alleen drumherum ab. Das wertet das Viertel enorm auf.

Dies ist meine Vorortbücherei. Sie war früher einmal eine Unterkunft für Lehrer der benachbarten Schule und riecht auch heute noch wunderbar nach altem Linoleum.

Der Spielplatz am Kollwitzplatz ist die Mutter aller Spielplätze im Prenzlauer Berg. An einem warmen Wochenende ist hier der Teufel los.

Das nüchterne Design des Ernst-Thälmann-Platzes erinnert an DDR-Zeiten. Ernst Thälmann war Kopf der Kommunistischen Partei und wurde von den Nazis in Buchenwald ermordet.

Eine der Hauptdurchgangsstraßen im Prenzlberg, die Prenzlauer Allee. Eine umfunktionierte Landstraße, die einmal das historische Berlin mit der Stadt Prenzlau verband.
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