Es sind ein paar Monate ins Land gegangen und es ist mal wieder Zeit für ein kleines Auswanderer-Update. Leider sind es keine besonders guten Neuigkeiten, die ich mit euch teilen möchte. Aber wir sehen auch die positiven Seiten. Dazu später mehr.
Zuerst einmal möchte ich euch ein wenig davon erzählen, was sich in den letzten Monaten so ereignet hat, und auch wie es den Kindern dabei geht. Unser Leben in Andalusien ist nun purer Alltag, und wir können kaum glauben, dass das erste Jahr schon fast um ist.
Die Vorweihnachtszeit
Im Dezember begann allmählich die Vorweihnachtszeit, weitaus dezenter, als wir es gewohnt sind. Trotzdem legten sich die Gemeinden um uns herum ins Zeug, hängten Lichterketten und leuchtende Sterne in die Palmen. In Málaga selbst wurde eine richtige Lichtershow aufgebaut, Lichterbögen, die über der Einkaufszeile eine leuchtende Kuppel erzeugten. Ein Spektakel für jeden Besucher und Malagueño.
Wir lernten neue Süßigkeiten und Gebäck zur Weihnachtszeit kennen. Pudrige Küchlein mit Mandelgeschmack. Beobachteten aus der Ferne, wie die Spanier sich aufs Fest vorbereiteten. Das findet in Spanien freilich erst am 6. Januar zum Dreikönigstag statt (mit Umzügen in den Innenstädten), aber eine gewissen Überschneidung gab es natürlich schon.
Wenn ich sage “aus der Ferne”, dann ist dies die traurige Wahrheit. Denn leider haben wir nach neun Monaten im Land immer noch keinen rechten Anschluss gefunden. Es ist schwer, wenn man mit Kindern irgendwo lebt, und diese in keinen Sportverein wollen. Die Schule hilft auch nicht, denn sie gibt aus Datenschutzgründen keine Elternliste raus. Die Kinder fahren mit dem Bus, man sieht also nie andere Eltern.
Die Kinder nach einem Dreivierteljahr Spanien
Unsere Kinder leben sich immer noch gut ein. Sie haben noch keine tiefen Freundschaften geknüpft, aber das scheint auch ein wenig altersabhängig zu sein. Der Große singt mittlerweile unter der Dusche Popsongs auf Spanisch. Er versteht schon eine ganze Menge, versucht sich auch recht erfolgreich am spanischen Akzent und gibt bei Textaufgaben nicht auf. Letztens kam er mit dem besten Spanisch-Test seiner Klasse nach Hause, 8,5 von 10 Punkten.
Die Kleine tut sich schwerer, aber wir vermuten, dass ihr ganz einfach ein wenig der Biss und die Zuversicht fehlen. Nicht, dass es ihr viel ausmacht. Clever wie sie ist, hat sie sich mit englischsprachigen Kindern in der Schule zusammengetan, was sie aus der Pflicht nimmt, auch auf dem Schulhof Spanisch zu sprechen. Es ist nicht so, dass gar nichts hängen bleibt, aber es dauert deutlich länger als bei ihrem Bruder.
Wir haben im Januar zweimal Kindergeburtstag gefeiert. Die Gästegruppen waren zwar nicht sehr groß, aber diese kleinen Dinge helfen den Kindern, sich immer mehr in die spanische Gemeinschaft einzufügen.
Weihnachten in Berlin
Dank günstiger Flüge am Heiligabend erfüllten wir uns einen großen Traum und kehrten Weihnachten in die Republik zurück, um den Kindern unsere alte Heimat Berlin zu zeigen. Hier hatten wir vor 15 Jahren drei Jahre gelebt. Zu viert haben wir die Nachbarschaft unsicher gemacht, sind auf den Reichstag gestiegen, haben DDR-Jeans angefasst, die Mauer bestaunt und vieles mehr. Darüber erzählen wir viel auf dem Blog.
Und während wir so in Berlin waren, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, mit einem Weihnachtsprogramm von Sisi und dem Nesthäkchen auf dem Bildschirm, da wurde mir auf einmal bewusst, wie sehr ich die Stadt vermisst hatte. In den 13 Jahren, die ich in Australien gelebt habe, hatte ich nie auch nur eine Minute Heimweh. Aber dann, in dieser einen Woche wurde das Gefühl so stark, dass ich ein wenig in eine Depression rutschte.
Was war da nur passiert? Was hatte Berlin zu bieten, das ich in Spanien nicht bekam? Es begann eine Zeit der Seelenwanderung und des kritischen Hinterfragens unserer Entscheidungen.
Unsere Zukunft in der Schwebe
Im Detail analysierte ich für mich, was hier eigentlich schief lief. Denn so richtig glücklich bin in Andalusien leider nicht. Ich fühle mich einsam und isoliert. Das liegt vor allem natürlich an der Sprachbarriere, die es nur schwer zu überwinden ist, wenn man keine Gesprächspartner hat. Die Angebote unseres Ortes sind auf Familien zugeschnitten, die sich komplett auskennen und auf Auswanderer, die die 60 schon überschritten haben. Ein wenig ist es so, als lebten wir in einem Altenheim.
Mir fehlt das Großstadtflair. Die vielen Angebote wie Konzerte und Theaterstücke, Straßenmusiker und Street Art, Frisöre, die die Haare auch grün färben können und Restaurants, die Essen aus aller Herren Länder anbieten. Mir fehlen Freunde und tiefe Gespräche, Spieleabende und Menschen, die einen ähnlichen Hintergrund haben, auf den man zurückgreifen kann. Ich habe Angst, dass etwas passiert und ich mich an niemanden wenden kann.
Jetzt könnte man sagen, dass das wahrscheinlich eine ganz normale Entwicklung ist. Dass die Honeymoon-Zeit vorbei ist und ich die Welt jetzt mit einem klarem Blick sehe. Dass der Winter mich im Griff hat. Dass ich in unserem schlecht isolierten Haus friere und ich mich nach Komfort und Vertrautheit sehne.
Ist das Auswandern gescheitert?
Irgendwann musste ich mir aber dann doch eingestehen, dass ich wohl einen Fehler gemacht habe. Ich hatte gedacht, dass Spanien und ich zusammen passen. Aber dem ist leider nicht so.
Liegt es an mir? Wahrscheinlich. Sicherlich könnte ich mehr über mich hinauswachsen und mich mehr anstrengen, Leute kennen zu lernen. Die Sprache zu lernen. Meinen Weg zu finden. Aber ich bin nicht mehr jung und enthusiastisch wie damals, als wir nach Australien gingen. Meine alten Knochen sehnen sich nach Einfachheit und Sicherheit. Ich lebe in Sorge und mich und meine Kinder, weil ich das Gefühl habe, dass ich nicht so für sie kämpfen kann, wie ich das gerne wollte, sollte der Bedarf bestehen. Ich habe Angst, dass einer von uns krank wird und wir uns nicht gut darum kümmern können. Ich habe Angst, dass meine Kinder Spanier werden und ich sie nicht mehr verstehen kann.
Liegt es an Spanien? Auch. Die Wahl unseres Ortes schien auf den ersten Blick richtig, aber nun stelle ich fest, dass wir in einem Altersheim gelandet sind, wo ganz einfach die Angebote für uns fehlen. Von früh bis spät sitzen grauhaarige Herrschaften beim Bier in den Bars und Restaurants, pflegen ganz einfach einen anderen Lifestyle als wir. Was die spanischen Familien um uns herum machen? Ich weiß es nicht. Ich kenne sie nicht.
Aber ich würde nicht sagen, dass das Experiment gescheitert ist. Wir bleiben auf jeden Fall noch ein weiteres Jahr hier, mindestens. Wir geben nicht einfach so auf und ziehen weiter. Und selbst wenn wir nach Deutschland ziehen sollten, dann ist nicht alles verloren. Die Kinder werden zwei Jahre in Spanien gelebt haben. Sie werden die Sprache sprechen und etwas erlebt haben, was ihnen für den Rest des Leben von Nutzen sein wird. Ich habe etwas über mich erfahren, das ich vorher noch nicht wusste.
Unsere Zukunft in Spanien
Seit ich mir eingestanden habe, dass ich mich nicht wohl fühle und Spanien mich nicht glücklich macht, dass ich so verrückt bin, einen Winter von -5 in Berlin einem Winter von 10 Grad in Andalusien vorzuziehen, geht es mir wieder besser. Es war eine bittere Pille, aber es ist auch ein mutiges Eingeständnis. Nun müssen wir sehen, was wir mit dieser Erkenntnis machen und wohin es uns als nächstes verschlägt.
Eines ist gewiss: Das Leben ist zu kurz, um lange unglücklich zu sein. Wir haben das Problem erkannt und arbeiten bereits an einer Lösung.
6 Kommentare
Hallo Mini Globetrotter!
Ich habe vor ein paar Tagen euren Blog entdeckt. Ich habe ein paar Einträge gelesen, noch nicht alle, aber sie sind sehr hilfreich, denn auch wir planen einen Umzug nach Málaga. Wir werden uns ein bisschen mehr Zeit nehmen, erst in 2 1/5 soll es soweit sein aber die Zeit vergeht schnell! Ich bin selbst Spanierin, allerdings lebe ich mehr als die Hälfte meines Lebens nicht in Spanien, deswegen fühlt sich die Rückkehr in das Heimatland fast wie auswandern ins Ausland.
Vielen Dank für das Erzählen eurer Geschichte. Dabei sind sehr wertvolle Tipps und ich denke, dass ich aus eurer Erfahrung viel mitnehmen kann. Z.B. was ihr berichtet über die Wahl des Wohnortes. Wir haben auch Kinder, wohnen jetzt mitten in einer großen Stadt, lieben das Stadtleben und wissen, dass es Málaga oder Marbella sein muss, was anders kommt nicht in Frage.
Zu den nicht heimisch werden, was du in diesem Eintrag berichtest, kann ich nicht viel sagen. Ich kann nur von dem erzählen, was ich hier in Deutschland erlebt habe oder von anderen Eltern höre. Wenn sie nicht so jung hierher ziehen sondern schon als Familie mit Kindern, ist es für sie sehr, sehr schwer, Bekanntschaften zu machen. Wenn man keine Kinder hat, ist es leichter nach der Arbeit mit Kollegen auszugehen auf eine dieser After-Works-Parties. Besonders in großen Städten sind viele Ausländer oder Zugereiste, alle befinden sich in der gleichen Lebensphase, wollen Leute kennenlernen, sind jung, fit und haben die Lust, nach 10 Stunden arbeiten noch bis in die Puppen auf die Piste zu gehen 😉 Das ist als Eltern von Kleinkindern ganz anders, nach der Arbeit rennt man wortwörtlich nach Hause, man hat keine Zeit Bekanntschaften zu machen. Und auch beim Abholen der Kinder im Kindergarten oder in der Schule kommen keine Beziehungen zustande, es sei denn, man schickt seine Kinder in z.B. eine EKI oder eine Schule, wo die Eltern sich in den Schulalltag einbringen müssen.
Vielleicht wäre das was für euch, evtl. doch die deutsche Schule in Marbella? Von Fuengirola ist es gar nicht so weit. Vielleicht fühlt ihr euch „heimischer“, wenn da Kontakt zu anderen Deutschen ist oder sogar Leute aus euren Heimatstädten.
Und wenn es nach Berlin geht, dann auch nicht schlecht. Dort erwarten euch bestimmt ganz tolle Erlebnisse!
Ich werde den Blog gerne weiterlesen und freue mich auf neue Einträge aus/von Málaga.
¡Un abrazo!
Hallo Claudia, Vielen Dank für deinen lieben, sehr persönlichen Kommentar und deine Ideen zum Thema. Die deutsche Schule in Marbella kommt für uns aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Ja, ich gebe dir Recht, dass die Leute in unserer Altersklasse sehr beschäftigt mit der Familie sind, aber manchmal denke ich auch, dass es eine gute Ausrede für viele ist. Wir arbeiten beide von Zuhause und lernen daher am Arbeitplatz leider keine Spanier kennen, dann wäre es sicherlich leichter. Es liegt sicherlich nicht an der Freundlichkeit der Menschen um uns herum, aber uns fehlt irgendwie der zündene Funke. Aber eigentlich ist das auch ok. Wir werden unseren Weg gehen, vielleicht hier, vielleicht dort. Wir wünschen euch auf jeden Fall alles Gute bei eurer geplanten Auswanderung nach Málaga, einer Stadt, die wir wirklich wunderschön finden und die wir immer wieder gerne besuchen. LG, Silke
Hallo Silke,
ich lese Deinen Blog interessiert, da auch für uns eine Auswanderung an die Costa del Sol in Frage kommt. Wir als Eltern sprechen allerdings bereits Spanisch (ich nahezu fließend, meine Frau ganz gut), die Kinder von 6 und 8 allerdings kaum etwas – auch wenn wir seit Jahren dort urlauben.
Was mich interessieren würde: wart Ihr schon mal aktiv in irgendwelchen „Residenten-Clubs“? Natürlich sind es häufig „Rentner-Vereine“, aber das muß nicht immer so sein. Und habt Ihr schon mal beim dt. Konsulat in Málaga nachgefragt, ob die Euch Tipps geben können? Falls Ihr Eure Kindern wie Du schreibst nicht zur dt. Schule anmelden wollt (kostet ja auch nicht wenig!), könnt ihr vielleicht trotzdem mal mit der Elternvertretung oder so Bekanntschaft suchen – einfach damit man eben nicht nur Rentner kennenlernt!
Prinzipiell kann ich Deine Gefühlslage gut verstehen. Wir waren allerdings noch nie woanders zusammen als Familie, uns würde das Trennen von den zahlreichen Großeltern unserer Kinder (insgesamt 5, ein wenig Patchwork) schwer fallen und wir hätten dort auch eine Sorgeverpflichtung und wollen sie um uns haben.
Es ist nicht ohne. Und vor allem: allen kann man es nicht Recht machen.
LG, Arno
Hallo Arno, Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ja, wir haben uns auch in Ortsvereinen umgesehen. Du darfst nicht vergessen, dass wir schon seit 15 Jahren nicht mehr in Deutschland leben, deshalb ist die deutsche Community nicht zwingend unser erster Anlaufpunkt. Das deutsche Konsulat würde uns ganz sicherlich bei solchen Wehwehchen auch nicht weiterhelfen, die würden uns was husten! Ich erinnere mich an die ‚Hilfsbereitschaft‘ des deutschen Konsulats in Sydney, das sich wirklich nur auf das Ausstellen von Pässen, Visa und Geburtsurkunden beschränkt (durften wir mal im Wartezimmer sitzend schmunzelnd beobachten). Es ist ja auch nicht alles schlimm, wir kommen schon ganz gut klar. Aber ob für immer, das ist so eine ganz andere Frage. Vielleicht dann auch eher in 15 Jahren, wenn wir uns in die Reihen der Altherren einsortieren können. 🙂
Warum seid Ihr nicht nach Barcelona gezogen ??? Außer etwas Smog im August, habt Ihr alles hier. Youth Culture, Essen, Ausgehen, Coworking Space, usw usw usw – und es gibt genügend Ecken, wo man sich zurückziehen kann. Ich würde meine Koffer sofort packen. Cheers, Michael
Da sind ganz sicherlich auch Kostenüberlegungen dabei. Barcelona ist sicherlich eine tolle, pulisierende Stadt, jedoch auch weitaus teurer als der Rest des Landes. Und katalanisch, also wer weiß, was sich da noch entwickelt.